Strohschweine
Henning Cloer betreibt einen Ferkelaufzucht- und Schweinemastbetrieb, in dem er Ferkel bis zur Schlachtreife aufzieht. Das Besondere an seinem Betrieb: Er hat vor zwei Jahren begonnen, zwei seiner Ställe auf das sogenannte Xaletto-System umzustellen. „Diese Art der Strohhaltung verknüpft die älteste Art der Tierhaltung, also auf Stroh mit modernster Technik, zum Teil KI-gesteuert.“ Sie erhöht das Tierwohl, reduziert Emissionen und mindert den Verbrauch von Futter und Wasser.
Henning Cloer im Video-Porträt
Henning Cloer kennt aus seinen Kindertagen auf dem elterlichen Hof noch die Schweinemast auf Stroh. Doch diese hat kaum etwas mit seiner jetzigen Haltung zu tun. Denn Xaletto beschreibt ein umfassendes Haltungssystem für den gesamten Stall. Es basiert auf einer sogenannten Stroh- oder Mistmatratze, einem speziellen Lüftungssystem, Kaltrotte und einem angepassten Futter- und Tränkesystem. Unterstützt wird das Ganze durch detailliertes Tracking, Datenauswertung sowie KI und Robotik.
Ganz konkret funktioniert diese besondere Strohhaltung so: Die Schweine leben auf einer Matratze aus Stroh. Durch großzügige offene Stallwände und Deckenventile findet eine permanente Lüftung des Stalls statt. „Wir lüften praktisch die Feuchtigkeit aus dem Stall raus.“ Zudem unterstützt eine sogenannte Kaltrotte die aerobe Zersetzung des Strohs. Somit bilden sich keine Gase wie Ammoniak und Stickstoff, die normalerweise durch Ausscheidungen der Tiere entstehen. Sensoren tracken unter anderem den Zustand der Strohmatratze und ein Roboter führt den Ställen automatisch die benötigten Mengen Stroh zu. Die Tiere erhalten zudem ein spezielles Futter, das ihren Stoffwechsel nicht zu sehr in die Höhe treibt. Um zu Futter und Wasser zu gelangen, müssen die Schweine auf einen erhöhten Sockel klettern. „Sie müssen zum fressen und saufen jedes Mal zwei Stufen hoch, zwei Stufen runter. Fitnessstudio gratis“, lacht Henning Cloer.
Seit seiner Umstellung auf das Xaletto-Prinzip hat Henning Cloer viele positive Erfahrungen gemacht. „Wir glauben, dass es den Tieren gut geht. Die sind den ganzen Tag mit der Rüsselscheibe im Stroh und sind permanent beschäftigt. Wir sehen kaum aggressives Verhalten der Tiere untereinander.“ Auch die Qualität und Menge des erzeugten Fleisches sprechen für sich. Dank der Strohmatratze fällt keine Gülle an und der anfallende Mist kann in einer Biogasanlage eingesetzt werden. Außerdem führt die Sensorsteuerung der Futterstellen und Tränken dazu, dass die Tiere immer genug Futtermittel haben, aber keine Ressourcen verschwendet werden.
Derzeit gibt es auf dem Hof Cloer zwei verschiedene Formen der Schweinehaltung – konventionelle Haltung ohne Stroh und Xaletto. „Perspektivisch können wir uns vorstellen, die anderen Ställe auch auf Xaletto umzubauen.“ Doch dafür braucht es auch die Wertschätzung der Verbraucher und Verbraucherinnen sowie der Politik. „Ich wünsche mir, dass die Menschen entsprechend Geld in die Hand nehmen und auf ihren 5.000€-Grill Fleisch vom Metzger – oder noch besser – von ihrem Landwirt von nebenan legen.“