Spot Farming: die Einzelpflanze im Mittelpunkt
Klimatische Veränderungen, Bodenverdichtung und der Arbeitskräftemangel sind große Herausforderungen für landwirtschaftliche Betriebe von heute. Ein Ansatz zur Lösung dieser Probleme ist das „Spot Farming“. Dies ist eine experimentelle Methode, welche die Hege und Pflege der Einzelpflanze in den Mittelpunkt stellt. Zur bestmöglichen Pflege einer jeden Pflanze verbindet Spot Farming Künstliche Intelligenz mit autonomen Feldrobotern, Satellitentechnik und anderen digitalen Technologien – und leitet dadurch die Landwirtschaft der Zukunft ein. Was sich genau hinter diesem Konzept verbirgt und wie es den Ackerbau grundlegend verändern wird, zeigen wir in diesem Beitrag.
Definition von Spot Farming
„Spot“ bedeutet, aus dem Englischen übersetzt, Stelle oder Punkt und beschreibt die Essenz dieser Ackerbaumethode: Beim Spot Farming stehen einzelne, kleine Flächen und die auf ihnen wachsenden Pflanzen im Fokus. Ziel ist es, Pflanzen individuell und bedarfsgerecht zu behandeln. Ist eine Pflanze beispielsweise von Schädlingen befallen, wird ausschließlich diese Pflanze behandelt. Dazu greifen die Landwirte auf eine Kombination aus digitalen Technologien, Künstlicher Intelligenz, Sensoren und Robotern zurück.
Welche Grundidee steht hinter Spot Farming?
Der Grundgedanke des Spot Farmings ist weder revolutionär noch neu: Er basiert auf dem Wissen, dass ein Acker keine homogene Fläche ist. Licht- und Windverhältnisse, Boden- und Nährstoffzusammensetzung oder das Relief führen zu unterschiedlichen Lebens- und Wachstumsbedingungen der Pflanzen auf dem Feld. Spot Farming nutzt jahrhundertealtes Wissen über Fruchtfolgen und soll Pflanzen ein optimales Wachstum durch standortangepasste Pflege ermöglichen.
Um ein bedarfsgerechtes Wachstum zu ermöglichen, nutzt Spot Farming eine Vielzahl von Datenpunkten und bedient sich neuester Technologien (z.B. Agrarroboter, Drohnen und Fotoauswertung in Echtzeit). Beim Spot Farming werden Bodenbearbeitung, Aussaat, Wachstumsphase und Ernte der Pflanzen eng durch die Erhebung und Auswertung von Daten sowie deren Abgleich mit anderen Informationen (z.B. Wetterdaten) begleitet und die Pflanzen punktuell und nach Bedarf behandelt. Möglich wird dies durch die Kombination von Sensor- und Satellitendaten mit Luftaufnahmen.
Welche Technologien werden beim Spot Farming genutzt?
Spot Farming stützt sich auf innovative digitale Technologien, die auf unterschiedliche Weise kombiniert werden. Dazu gehören Sensoren, Kameras, Roboter und Drohnen sowie Künstliche Intelligenz.
Sensorik im Boden:
Bodentemperatur und -feuchtigkeit sind wichtige Parameter für das Pflanzenwachstum. Sensoren an verschiedenen Stellen im Acker und der Zusammenlauf der Daten via Apps geben Landwirten Auskunft über die unterirdischen Vorgänge und helfen ihnen bei der Beantwortung der Frage, ob ein Acker erneut oder anders bearbeitet werden muss.
Kameratechnologie mit Echtzeitauswertung:
Dünger und Herbizide werden mit Spritzdüsen ausgebracht, an denen immer häufiger mehrere Kameras befestigt sind. Fährt die Maschine über das Feld, wird jede Pflanze aus mindestens zwei verschiedenen Winkeln aufgenommen. Die intelligente Bildverarbeitung wertet das Bild aus, bestimmt den Bedarf der Pflanze und leitet Signale an die Düse weiter, die dann punktuell die berechnete Dosis an Dünger oder Pflanzenschutzmittel an die Pflanze abgibt.
Roboter:
Spot Farming setzt auf kleine, autonome Roboter, die mit Kameras, Sensoren und Pflanzennahrung wie Dünger oder Wasser ausgestattet sind. Die kleinen Feldroboter fahren kontinuierlich zwischen den Pflanzen auf dem Acker hindurch und erfassen sowie bewerten den Zustand der Pflanzen in Echtzeit. Braucht eine Pflanze einen bestimmten Nährstoff, kann der Roboter ihr diesen direkt zuführen. Einige Roboter verfügen auch über die Funktion, Unkraut mechanisch zu jäten oder Bodenproben zu entnehmen.
Drohnen:
In der Landwirtschaft werden auch Kameradrohnen eingesetzt. Sie tragen zur besseren Kartierung eines Ackers bei, sammeln Informationen über den Zustand der Pflanzen oder überprüfen, ob sich Wildtiere, wie Rehe oder Wildschweine, während der Ernte auf dem Acker aufhalten. Aufgrund ihres geringen Eigengewichts können Drohnen keine Flüssigkeiten oder Nährstoffe befördern. Mit einer wichtigen Ausnahme: Bei der Bekämpfung des Maiszünslers, der immer häufiger Maisernten zerstört, haben sich Schlupfwespen als natürliche Fressfeinde des Zünslers bewährt. Die leichten Eier der Schlupfwespen können in Form von Kapseln mithilfe von Drohnen gleichmäßig über den Acker verteilt werden. Sehr kleine Drohnen könnten zukünftig auch die Bestäubung von Obstbäumen übernehmen.
Künstliche Intelligenz:
KI führt die von Kameras und Sensoren erhobenen Daten zentral zusammen, sodass genauere Prognosen zu Aussaat- und Erntezeitpunkten sowie zu Nährstoffbedarfen gegeben werden können.
Spot Farming in Deutschland – heute und in Zukunft
Spot Farming wird in Deutschland heute nur punktuell eingesetzt. Dies liegt vor allem an den hohen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten für Roboter, Satelliten- und Sensortechnik sowie Softwarelösungen. Drohnenflüge zur Analyse des Reifegrades der Pflanzen sowie des Schädlingsbefalls sind jedoch schon weit verbreitet. Auch GPS-Antennen und sensorgesteuerte Düsen, die Dünger und Pflanzenschutz bedarfsgerecht ausgeben, finden sich immer häufiger an Landmaschinen. Aufgrund des hohen Interesses von Unternehmen und Forschungsinstituten am Spot Farming ist es wahrscheinlich, dass diese Methoden zukünftig verbreitet in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt werden. So werden Prototypen von Agrarrobotern bereits in verschiedenen Pilotprojekten getestet und sind teilweise auch schon im Handel erhältlich.
Wie trägt Spot Farming zum Umwelt- und Naturschutz bei?
Spot Farming – unter Verwendung von autonomen Maschinen wie Robotern und Drohnen, Satelliten und Sensortechnik sowie traditionellem Wissen über Fruchtfolgen – verspricht besonders nachhaltig und naturschonend zu sein. Die für die Landwirtschaft konzipierten Roboter und Drohnen sollen beispielsweise durch erneuerbare Solarenergie betrieben werden. Außerdem wird der Boden vor Verdichtung geschützt, da die autonomen Maschinen deutlich kleiner und leichter sind als herkömmliche Landmaschinen. Die bedarfsgerechte Behandlung der Pflanzen (zum Beispiel durch mechanische Unkrautvernichtung mithilfe von Robotern) wird zu einem geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln führen. Als Folge der Kombination dieser Prozesse wird erwartet, dass sich die Bodenfruchtbarkeit verbessert und die Erträge steigen oder stabil bleiben. Neben dem Schutz der Umwelt verspricht Spot Farming auch große Arbeitserleichterungen für die Landwirte.