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So funktioniert Weinbau in Deutschland

Weinanbau in Deutschland

„In vino veritas“ – im Wein liegt die Wahrheit, sagt ein altes Sprichwort. Und tatsächlich steckt in jeder Flasche Wein viel Handwerk, Wissen und Technik. Weinbau ist eine hochspezialisierte Form der Landwirtschaft, für die es viel Expertise braucht. In diesem Text erfährst Du, wo in Deutschland Wein wächst, worauf es beim Anbau ankommt, welche Tätigkeiten Winzer das Jahr über ausüben und wie gesetzliche Regelungen und Klimaveränderungen die Zukunft des Weinbaus prägen.

Wo wächst in Deutschland Wein?

Wenn Du an deutschen Wein denkst, hast Du wahrscheinlich sofort Bilder von steilen Rebenhängen an der Mosel oder sonnigen Terrassen am Rhein im Kopf. Und das ist kein Zufall: In Deutschland wird Wein traditionell dort angebaut, wo das Klima mild, die Böden nährstoffreich und die Hanglagen sonnig sind. Diese Voraussetzungen sind vor allem in Flusstälern und an den Hängen südlich gelegener Mittelgebirge gegeben. Deutschland zählt 13 offizielle Weinbaugebiete, darunter Rheinhessen, Pfalz, Baden, Mosel, Franken oder die Nahe. Diese Regionen liegen überwiegend im Südwesten und Süden des Landes, denn hier sind die Voraussetzungen für den Anbau besonders günstig: Viele Sonnenstunden, mäßige Niederschläge, kalkhaltige Böden und ein gutes Mikroklima sorgen dafür, dass die Reben optimal gedeihen. Häufig sind es Flusstäler, die das Klima zusätzlich mildern, wie etwa an der Mosel, der Ahr oder dem Rhein.

Dass Weinbau nicht nur in traditionellen Regionen möglich ist, zeigen Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen. Hier war der gewerbliche Anbau über viele Jahrzehnte kaum präsent, auch weil die gesetzlichen Pflanzrechte stark reguliert waren. Erst seit einer EU-weiten Reform 2016 dürfen neue Flächen für Weinbau beantragt werden. Seither werden in NRW wieder Rebstöcke gepflanzt, z. B. am Niederrhein, in Ostwestfalen, im Siegerland oder Siebengebirge. Denn besonders in Flussnähe (Rhein, Ruhr, Sieg oder Lenne) gibt es ein günstiges Kleinklima für den Weinbau. In Verbindung mit gut durchlässigen Böden entstehen Bedingungen, unter denen Reben gedeihen können. Die globalen Temperaturveränderungen tun ihr Übriges: Wo früher Spätfrost und zu wenig Sonne ein Risiko waren, ergeben sich heute neue Chancen für den Weinanbau. Noch ist der Weinbau in NRW kleinflächig: Rund 22 Hektar Rebfläche wurden bislang genehmigt. Doch das Interesse wächst, nicht nur bei Hobbywinzern, sondern auch bei professionellen Betrieben.

Worauf kommt es beim Weinbau an?

Beim Weinbau kommt es auf eine Kombination aus Standortwahl, standortbedingter Rebsortenwahl und Pflege des Weinstocks an.

 

Standortwahl

Die Wahl des richtigen Standorts ist eine zentrale Entscheidung im Weinbau – und sie hängt von mehreren Faktoren ab: 

  • Bodenstruktur und Nährstoffe: Die Rebe ist anspruchslos, was Nährstoffe betrifft, aber empfindlich gegenüber Staunässe. Ideal sind gut durchlässige Böden mit mittlerem Nährstoffgehalt – zum Beispiel Löss, Schieferverwitterung, Kalkstein oder sandiger Lehm. Der Boden sollte tiefgründig sein, damit die Wurzeln auch in trockenen Phasen an Wasser gelangen.
  • Mikroklima und Sonneneinstrahlung: Ein warmes, sonniges Kleinklima hilft den Trauben, optimal zu reifen. Süd- oder südwestlich ausgerichtete Lagen, möglichst windgeschützt, sorgen für hohe Temperaturen und begünstigen die Aromabildung in den Beeren. Gleichzeitig reduziert eine gute Belüftung das Risiko für Pilzkrankheiten auf den Rebflächen.
  • Hanglagen: Viele bekannte Weinlagen liegen an Hängen und das ist kein Zufall. Die Neigung sorgt dafür, dass mehr Sonnenstrahlen auf die Rebstöcke treffen. Außerdem fließt kalte Luft nachts besser ab, was Spätfrost reduziert. In regenreichen Jahren läuft das Wasser schneller ab, was Staunässe vorbeugt. Der Aufwand in Hanglagen ist jedoch hoch: Mechanisierung ist schwierig und viele Arbeiten erfolgen bis heute von Hand.

Rebsorte

Nicht jede Sorte gedeiht überall. Während Riesling auf kargen Schieferhängen seine typischen frischen Säuren entwickelt, fühlt sich ein Spätburgunder auf tiefgründigeren, wärmespeichernden Böden wohler. Die Auswahl der Rebsorte hängt also ab von:

  • Standortbedingungen: Licht, Wärme, Bodenart und Wasserverfügbarkeit
  • Anbaurisiko: Spätfrostempfindlichkeit, Krankheitsanfälligkeit
  • Vermarktung: Regionale Nachfrage, Zielgruppen (z. B. für Sekt, junge Weine, Lagerweine)

 

Anbau und Pflege

Wer einen neuen Weinberg anlegt, braucht Geduld. Nach der Pflanzung dauert es in der Regel drei Jahre, bis die Rebfläche erstmals Trauben liefern, die für die Weinbereitung genutzt werden können. In den ersten zwei Jahren steht das Wurzelwachstum im Vordergrund, denn das junge Holz ist noch nicht stabil genug für eine volle Traubenlast, und auch die Qualität der Früchte wäre noch nicht ausreichend. Einmal gepflanzt, kann ein gesunder Rebstock sehr alt werden, doch meistens werden diese nach 25 bis 30 Jahren gerodet, weil die Trauben kleiner werden und die Krankheitsanfälligkeit steigt.

Zur Pflege eines Weinstocks gehört:

  • Bodenpflege und Drainage: Der Boden wird mechanisch gelockert, begrünt oder punktuell offengehalten, um Nährstoffe, Wasserhaushalt und Bodenleben in Balance zu halten. Eine gute Durchlüftung des Bodens verhindert Staunässe und Wurzelfäule.
  • Schnitt, Laubarbeit, Ertragsregulierung: Regelmäßiger Rebschnitt im Winter und gezielte Laubarbeiten im Sommer sorgen für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wachstum und Frucht. Überzählige Trauben werden reduziert, um die Qualität der verbleibenden zu erhöhen.
  • Pflanzenschutz: Reben sind anfällig für Pilzkrankheiten wie Mehltau oder Botrytis. Vorbeugung ist deshalb essenziell: Sortenwahl, Belüftung, Abstand der Rebzeilen und gezielte Maßnahmen mit biologisch zugelassenen Mitteln helfen, Krankheiten zu vermeiden.

 

Was macht eine Weinbauerin bzw. ein Weinbauer im Verlauf eines Jahres? 

Ein Weinberg braucht das ganze Jahr über Pflege und Aufmerksamkeit. Denn auch wenn die Lese im Herbst oft im Mittelpunkt steht, beginnt die Arbeit im Weinbau lange vorher und findet im Kreislauf statt.

 

Winter: Wenn die Reben blattlos in den Reihen (auch Zeilen genannt) stehen, beginnt eine der wichtigsten Arbeiten des Jahres: der Rebschnitt. Dabei wird altes Holz entfernt und die Rebe wird auf das kommende Jahr vorbereitet.  

Frühjahr: Im Frühling beginnt das neue Wachstum: Die Reben treiben aus, erste Blätter erscheinen. Es kann zu Spätfrost kommen, der die jungen Triebe beschädigt. WinzerInnen und Winzer schützen die Reben deshalb z. B. mit Frostkerzen, Windmaschinen oder gezieltem Anhäufeln. Sobald die Rebe wächst, beginnt die Laubarbeit: Ranken werden geordnet, Triebe fixiert und überschüssige Triebe entfernt, um ein ausgewogenes Wachstum zu fördern.

Sommer: Der Sommer ist entscheidend für die spätere Qualität der Trauben. Die Blüte zeigt, wie viele Beeren sich entwickeln. Danach sorgen weitere Laubarbeiten dafür, dass Sonne und Luft an die Trauben gelangen. Zudem beginnt der (vorbeugende) Pflanzenschutz, denn Reben sind anfällig für Pilzkrankheiten wie Mehltau oder Botrytis. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören Durchlüftung des Rebstocks durch Ausdünnung, Sortenwahl und biologische Mittel wie z.B. die Ansiedlung der Raubmilbe zur Abmilderung von Schadmilben.

Spätsommer/Herbst: Wenn sich die Beeren verfärben und langsam reifen, beginnt die Lese. Der Erntezeitpunkt ist entscheidend für den Geschmack des späteren Weins, denn Zucker, Säure, Aroma und Gesundheit der Trauben müssen zusammenpassen. Die Lese erfolgt je nach Gelände maschinell oder von Hand. Vor allem in Steillagen wie an der Mosel bleibt nur die Handlese. In vielen Weingütern braucht es in dieser Zeit kurzfristig viele Helferinnen und Helfer für lange Tage.

Spätherbst/Winter: Nach der Lese geht es in den Keller, denn Gärung, Filtration, Lagerung und später die Abfüllung stehen an. Parallel beginnt schon die Vorbereitung für das nächste Jahr: Bodenbearbeitung, Düngung, Reparaturen und Planungen zur Sortenwahl oder Pflanzung neuer Anlagen. 

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für den Weinbau? 

Weinbau unterliegt in Deutschland klaren gesetzlichen Vorgaben, sowohl was die Anbaubedingungen betrifft als auch die Vermarktung des fertigen Produkts. Auch für Hobbywinzer gibt es Regelungen.

 

Vorgaben für den Anbau 

In Deutschland dürfen Reben grundsätzlich nur dort angebaut werden, wo eine Zulassung als Weinbaugebiet besteht oder wo entsprechende Neuanträge genehmigt wurden. Die zugelassenen Flächen sind begrenzt, um Überproduktion und Qualitätsverluste zu vermeiden. Pro Jahr dürfen nur begrenzte Neupflanzungen vorgenommen werden, meist über ein nationales Kontingent und mit Genehmigung der Landesbehörden. Außerdem sind bestimmte Rebsorten für bestimmte Regionen zugelassen. Ziel ist es, regionale „Typizität“ zu fördern und die Qualität der Erzeugnisse zu sichern. Auch die zulässigen Hektarerträge sind gesetzlich geregelt. Wer mehr erntet, muss den Überschuss als sogenannten „Wein einfacher Qualität“ vermarkten oder ihn entwerten.

 

Klassifizierung

In Deutschland gibt es mehrere gesetzlich definierte Qualitätsstufen für Wein. Sie orientieren sich vor allem an der Reife und dem Mostgewicht (natürlicher Zuckergehalt) der Trauben bei der Lese – weniger an Geschmack oder Ausbauart. Die wichtigsten Kategorien sind:

  • Deutscher Wein (früher: Tafelwein): geringste Qualitätsstufe, Reben müssen aus Deutschland stammen
  • Landwein: Etwas höhere Anforderungen, regionale Herkunft und typischer Charakter
  • Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (Q.b.A.): Muss aus einem der 13 deutschen Anbaugebiete stammen, Mindestmostgewicht und eine amtliche Prüfung sind erforderlich
  • Prädikatswein: höchste gesetzliche Qualitätsstufe, mit weiteren Unterteilungen wie Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Je höher das Prädikat, desto reifer und konzentrierter müssen die Trauben sein.

 

Hauswein

Hauswein bezeichnet die Produkte nicht-kommerzieller Winzer, also Hobbywinzer. Wer im kleinen Rahmen Reben anbaut, z. B. im Garten oder auf einer Wiese, gilt als Hobbywinzer. Solange die Fläche unter 0,1 Hektar (also rund 1.000 m² und etwa 500 Rebstöcke) liegt und der Wein nicht verkauft wird, ist dafür keine Genehmigung nötig. Der erzeugte Hauswein darf nur für den Eigenbedarf genutzt werden. Sobald eine gewerbliche Nutzung erfolgt – etwa Ausschank bei Festen oder Verkauf – gelten die gleichen Regeln wie für professionelle Betriebe: Genehmigung, Anmeldung, Kontrolle.

Wie beeinflusst der Klimawandel den Weinbau?

In vielen Regionen hat der Klimawandel zunächst positive Effekte für den Weinbau gebracht: wärmere Sommer, längere Vegetationsperioden und höhere Zuckergehalte ermöglichen neue Reifegrade und aromatische Weine. Gleichzeitig entstehen auch neue Risiken wie Spätfröste im Frühjahr, Hitze- und Trockenphasen im Sommer sowie Starkregen oder Hagel. Auch neue Schädlinge und Pilzkrankheiten verbreiten sich schneller auf Rebflächen.

Weinbauer reagieren mit verschiedenen Maßnahmen auf die klimatischen Veränderungen. Dazu gehören die gezielte Begrünung und Beschattung der Böden, um Wasser zu halten und Erosion zu vermeiden, sowie die Auswahl robuster Rebsorten, darunter pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die weniger Pflanzenschutz benötigen. Auch die Laubarbeit wird angepasst, um Trauben vor Sonnenbrand zu schützen.

Langfristig verändert der Klimawandel auch die Weinlandkarte Europas. In Deutschland gewinnen traditionell kühlere Lagen an Bedeutung, sei es in höheren Höhenlagen oder weiter nördlich. Sorten wie Merlot oder Cabernet, die viel Wärme und Sonne benötigen und meist in Südeuropa angebaut werden, kommen zunehmend für den Anbau infrage.

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