Klimawandel und Landwirtschaft
Kein anderer Wirtschaftszweig ist so eng mit dem Wetter verbunden wie die Landwirtschaft. Der Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf die Landwirtschaft und damit auch auf unsere Lebensmittel. Das Jahr 2023 hat einmal mehr gezeigt, wie stark und vielfältig Wetterereignisse die Ernten beeinflussen können. In diesem Beitrag beleuchten wir konkrete Auswirkungen des Klimawandels auf den Anbau verschiedener landwirtschaftlicher Produkte und zeigen Strategien, mit denen sich Landwirte an die veränderten Bedingungen anpassen.
Wetter 2023 – eine Achterbahnfahrt
Das Wetter im Jahr 2023 war für die Landwirtschaft in Deutschland eine wahre „Achterbahnfahrt“ – so schreibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in seinem diesjährigen Erntebericht . Extreme Wetterbedingungen werden zunehmend ‚normaler‘ und beeinflussen die Landwirtschaft erheblich. Deutschland war 2023 zwar nicht wie andere Länder von extremen Hitzewellen, Waldbränden und massiven Überschwemmungen betroffen, jedoch von sehr wechselhaften Wetterbedingungen gezeichnet.
Der Winter 2022/2023 begann mit einer Kältewelle im Dezember. Die Böden waren weitgehend gefroren, als um den Jahreswechsel eine ungewöhnliche "Wärmeperiode" einsetzte. Insgesamt war der Winter milder als erwartet, mit einer hohen Niederschlagsmenge im Norden und geringerem Niederschlag im Süden. Mit Beginn des Frühlings 2023 erlebte Deutschland trockene und kalte Bedingungen. Bald darauf brachten Tiefdruckgebiete vermehrt Niederschläge, die bis in den Mai anhielten. Der Sommer begann trocken, insbesondere im Süden und Osten Deutschlands. Ab Mitte Juni gab es im Norden und Westen übermäßige Niederschläge, unterbrochen von gelegentlichen sonnigen Perioden. Extremwetterereignisse wie Starkregen, Stürme und Hagel traten zum Glück nur regional auf, beeinflussten in den betroffenen Gebieten jedoch Erntemengen und -qualitäten erheblich.
Wie wirken sich die Wetterereignisse auf Anbau und Ernten aus?
Die wechselhaften Wetterbedingungen des Jahres beeinflussten den Pflanzenbau in einigen Regionen Deutschlands erheblich. Grundsätzlich hat jede Pflanze eigene, spezifische Bedürfnisse, was Temperatur, Niederschlag und Lichtverhältnisse angeht. Diese Unterschiede in den Ansprüchen wirken sich sowohl auf die Aussaat als auch auf die Erntezeitpunkte aus. Manche Pflanzen können von bestimmten Wetterbedingungen profitieren, während andere unter denselben Bedingungen leiden.
Neben direkten Folgen für die Ernten haben extreme Wetterbedingungen auch zunehmend indirekte Folgen: Die erhöhte Feuchtigkeit im Sommer 2023 begünstigte beispielsweise die Ausbreitung von Pilzkrankheiten. Gleichzeitig führen mildere Winter zu einem Anstieg von Schädlingspopulation, die die Ernten zusätzlich bedrohen. Insgesamt erhöht die zunehmend unbeständige Witterung das Risiko für die Landwirtschaft und macht den Anbau von Kulturpflanzen weniger vorhersehbar.

Wie haben sich die Wettereignisse auf bestimmte Produkte ausgewirkt?
In den folgenden Abschnitten zeigen wir Dir im Detail, wie sich die Wetterereignisse des Jahres 2023 auf verschiedene Erzeugnisse wie Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln, Gemüse und Obst ausgewirkt haben.
Getreide
Roggen ist in vielen Brot- und Backwaren zu finden, die wir täglich konsumieren. Am bekanntesten sind das namengebende Roggenbrot oder die Roggenbrötchen. Aber auch bei der Herstellung alkoholischen Getränken, wie Whisky und Wodka, wird Roggen verwendet. Zudem ist das Getreide in einigen Biersorten ein wichtiger Bestandteil, insbesondere in traditionellen Roggenbieren, die ihren Ursprung in Deutschland haben. Darüber hinausdient Roggen auch als Tierfutter, da er viele Ballaststoffe und Proteine beinhaltet. Auch die Halme der Roggenpflanze finden Verwendung: Als Einstreu in Tierställen, zum Mulchen in Gärten oder im Kunsthandwerk zur Herstellung von Hüten.
Getreide – dazu zählen insbesondere Mais, Weizen, Roggen, Gerste und Hafer – gehören zu den wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnissen Deutschlands. Getreide wird klassischerweise zu zwei Zeitpunkten im Jahr ausgesät: als Wintergetreide im Herbst und Sommergetreide im Frühjahr.
Im Herbst 2022 wurde das Wintergetreide in den meisten Regionen Deutschlands unter guten Bedingungen ausgesät. Ein milder, feuchter Winter sorgte für genug Bodenfeuchtigkeit. Doch der nasse Frühlingsbeginn war nicht optimal für das Sommergetreide. In den Monaten Mai und Juni verursachten Trockenheit und hohe Temperaturen besonders beim Sommergetreide Wachstumsprobleme, wodurch weniger Pflanzen heranwuchsen und diese zudem kleinere Getreideähren als üblich entwickelten.
Ende Juni setzten dann langanhaltende Regenfälle ein, welche die Ernte des Wintergetreides erheblich erschwerten. Der Regen führte dazu, dass viele Getreidepflanzen sich Richtung Boden neigten und zu keimen begannen. Auch Schimmel- und Pilzerkrankungen breiteten sich im Getreide aus. Erst Mitte August besserten sich die Erntebedingungen, auch wenn Gewitter weiter für Unterbrechungen sorgten. Weil der Mais noch nicht vollständig abgeerntet ist, gibt es nur vorläufige Hochrechnungen über die Getreideernte.

Ölsaaten
Die wichtigste in Deutschland angebaute Ölsaat ist Raps. Die Aussaat im Herbst 2022 erfolgte unter guten Bedingungen. Doch der milde Winter führte dazu, dass der Schädling „Rapsglanzkäfer“ stärker als in frostigen Wintern auftrat. Die starken Regenfälle im Sommer zögerten die Ernte hinaus und führten zu Ernteeinbußen. Gleichzeitig war die Qualität des geernteten Raps jedoch überwiegend gut: 97 % der genommenen Proben hatten einen Ölgehalt von über 40 %.
Kartoffeln
Kartoffeln haben im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen eher flache Wurzeln und sind deshalb auf genug Wasser in den obersten Bodenschichten angewiesen. Dank der Wasservorräte aus dem Winter 22/23 und den ergiebigen Regenfällen vom April und Mai konnten die Frühkartoffeln gut wachsen. Das Frühjahr zeichnete sich durch mehr Regen als im Vorjahr aus, sodass nur selten zusätzlich bewässert werden musste. Allerdings führte das kühlere Wetter dazu, dass die Kartoffeln erst verhältnismäßig spät ausgeplanzt werden konnten und nur langsam heranwuchsen. Der trockene und windige Juni hat die Kartoffelentwicklung früh beeinträchtigt, sodass eine kleinere Ernte erwartet wird.

Spargel (Gemüse)
Spargel ist das wichtigste Feldgemüse Deutschlands. Aufgrund der langanhaltenden, kühlen Witterung im Frühjahr verzögerte sich die Ernte für Spargel, jedoch gab es keine nennenswerten Einbußen in Qualität und Erntemengen.
Erdbeere und Apfel (Obst)
Erdbeerpflanzen litten zunächst unter den kühlen Bedingungen des Frühjahrs, dann beschleunigten die warmen Bedingungen im Mai und Anfang Juni jedoch die Reife der Beere, sodass die Erntesaison früher als angenommen beendet wurde.
Die Apfelernte ist noch nicht abgeschlossen und Hochrechnungen zeigen, dass diese vermutlich etwa 15 % geringer als im Vorjahr ausfallen wird. Gründe dafür waren kühles, nasses Wetter zum Zeitpunkt der Apfelblüte, gefolgt von Hitze und wiederum viel Regen. Vor allem hohen Niederschlagsmengen machten Bäume und Früchte anfällig für Krankheiten und Schädlingsbefall.
Klimaanpassung: Strategien der Landwirtschaft
Das Jahr 2023 unterstreicht die Wichtigkeit, Landwirtschaft auf der einen Seite resilienter gegen Einflüsse des Klimawandels zu machen und auf der anderen Seite die Einflüsse der Landwirtschaft auf Klima und Ökosysteme zu reduzieren. Ziel sogennanter Klimaanpassungsstrategien ist es, trotz sich wandelnder klimatischer Bedingungen für die Zukunft ausreichende Ernten ingesunden Ökosystemen sicherzustellen.
Eine solche Anpassungsstrategie ist die von der Bundesregierung geförderte Wasserstrategie. Viele Landwirtinnen und Landwirte legen schon heute Wert darauf, den Wasserverbrauch zu optimieren und den Boden so zu pflegen, dass er Wasser effizient aufnehmen und speichern kann. Ein gesunder Boden und eine angepasste Wasserinfrastruktur sind essenziell, um sicherzustellen, dass ausreichend Wasser in guter Qualität zur Verfügung steht. Hierbei spielen auch Regelungen zum nachhaltigen Wasserverbrauch und zur Wasserverwertung eine entscheidende Rolle. Daneben werden Kulturpflanzen und -sorten züchterisch an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst, und es gibt Ansätze, die Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren.
