Crowdfarming
Der Begriff „Crowdfunding“ hat in den letzten Jahren Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Die Idee dahinter: Viele Geldgeber spenden vergleichsweise kleine Summen und ermöglichen dadurch die Finanzierung von Projekten jenseits herkömmlicher Finanzierungsformen. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert „Crowdfarming“. Mehrere Personen unterstützen einen landwirtschaftlichen Betrieb, indem sie eine Patenschaft für ein Stück Land, ein Tier oder Pflanzen übernehmen. Lies mehr darüber, was Crowdfarming ist und warum dieses Finanzierungsmodell in mehrfacher Hinsicht positiv sein kann.
Was ist Crowdfarming?
Typischerweise erzeugt die Landwirtschaft Produkte, die dann an die Ernährungsindustrie an Zwischenhändler oder Supermärkte verkauft werden. Häufig gibt es mehrere Zwischenhändler, bevor Du als Endkunde ein Produkt erwerben kannst. Jeder dieser Händler möchte an dem Produkt verdienen. Daher fallen die Erlöse für die Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungskette bei Nahrungsmitteln oft sehr gering aus.
Crowdfarming (Dt. „Schwarm-Landwirtschaft“) setzt auf den direkten Kontakt zwischen Landwirten und Verbrauchern – den „Crowdfarmerinnen“ und „Crowdfarmern“ – und kommt ohne Zwischenhändler aus. Dabei gehen beide Seiten eine wechselseitige Verpflichtung ein: Die Landwirtinnen und Landwirte produzieren unter der Zusage, dass es Abnehmer für ihre Ware gibt. Und die Crowdfarmerinnen und Crowdfarmer verpflichten sich, das Produkt zu kaufen bzw. dessen Erzeugung bereits im Vorfeld über eine Patenschaft zu finanzieren. Die Idee des Crowdfarming stammt von zwei Brüdern aus Spanien, die auf dieser Basis 2010 eine Orangenplantage ihrer Familie übernahmen und neu ausrichteten.
Wie funktioniert Crowdfarming in der Praxis?
Beim Crowdfarming bieten Landwirtinnen und Landwirte eine Patenschaft für ihr Produkt an, zum Beispiel für einen Baum, ein Stück Land, ein Tier oder ein ganzes Bienenvolk. Die Crowdfarmerinnen und Crowdfarmer bezahlen für diese Patenschaft typischerweise einen einmaligen Betrag. Im Gegenzug erhalten sie, zum Beispiel für ein Jahr oder eine Saison, den Erlös aus der Patenschaft. Dieser kann aus verschiedenen Dingen bestehen, z.B. der Wolle eines Schafs, den Äpfeln eines Apfelbaums oder den Kartoffeln eines bestimmten Ackers. Einige Landwirtinnen und Landwirte vergeben Adoptionsurkunden für ihre Produkte. Zudem erhalten die Patinnen und Paten regelmäßig Informationen über den Betrieb und haben die Möglichkeit diesen zu besuchen.
Welche Produkte werden über Crowdfarming finanziert?
Crowdfarming kann sich im Grundsatz auf alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse erstrecken: Dazu zählen sowohl rohe als auch verarbeitete Produkte. Wenn Dir kurze Transportwege und ein persönlicher Kontakt zu den Landwirtinnen und Landwirten wichtig sind, erkundige Dich in Deiner Umgebung nach Crowdfarming-Projekten. Die in Deutschland erhältlichen Produkte umfassen unter anderem verschiedene Käsesorten (von Schafen, Ziegen und Kühen), Honig sowie Gemüse, Obst und Getreideprodukte.
Warum Crowdfarming eine Win-Win-Situation sein kann
Crowdfarming bietet in zweifacher Hinsicht Vorteile:
- Landwirte können ihre gesamte Erzeugung besser planen – von der Aussaat über die Ernte bis hin zum Transport zu den Konsumenten. Zudem erhalten sie einen von ihnen festgelegten Preis für ihr Erzeugnis, ohne Wertschöpfung an Zwischenhändler zu verlieren.
- Die Verbraucher erhalten ihre Produkte frisch und direkt von den Erzeugern. Zudem können sie bereits im Vorfeld an der Produktion teilhaben und haben zum Teil ein Mitspracherecht, wie ihre Lebensmittel erzeugt werden.
Was sind die Nachteile von Crowdfarming?
Crowdfarming birgt einige potenzielle Risiken. Zum einen bleibt Landwirtschaft auch in dieser Form abhängig von Wetterbedingungen die Ernten beeinflussen können. Als Patin und Pate bekommst Du somit keine Garantie, dass Du bestimmte Erntemengen erhältst. Zum anderen ist Crowdfarming an keine gesetzliche Leitlinie gebunden, sondern basiert auf Selbstverpflichtungen der Landwirtinnen und Landwirte. Es liegt also in der Hand der Patinnen und Paten, Transparenz und Einsicht in die landwirtschaftliche Produktionsweise einzufordern.
Wie unterscheidet sich Crowdfarming von anderen Formen der Direktvermarktung?
Gemüsekisten, solidarische Landwirtschaft, gemeinschaftlich getragene Landwirtschaft – Crowdfarming erinnert an andere Formen der direkten Vermarktung zwischen einem landwirtschaftlichen Betrieb und den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Während die solidarische Landwirtschaft ihre Unterstützerinnen und Unterstützer in der Regel mit einer Vielfalt an Produkten versorgt, die über eine ganze Saison oder länger abgenommen werden, fokussierst Du Dich beim Crowdfarming auf ein oder mehrere Produkte Deiner Wahl.
Crowdfarming – quo vadis?
Direktvermarktung boomt und zeugt von einem großen Interesse vieler Verbraucherinnen und Verbraucher, mehr über die Herkunft ihrer Lebensmittel zu erfahren, Landwirtinnen und Landwirte mehr Unabhängigkeit von großen Konzernen zu machen und nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen. Crowdfarming bietet Dir die Möglichkeit als Kunde landwirtschaftliche Erzeugnisse zu adoptieren und ihre Entstehung hautnah mitzuerleben. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe bieten Patenschaften an und mit Deiner Unterstützung wird diese Idee noch bekannter werden.